Tour-Drama,
es hätte die Königsetappe, meine Krönung der Radsaison 2023 werden sollen und es hat sich zu einem Desaster, einer Katastrophe, einem Worst-Case, einem Super-GAU entwickelt. Gut, letzteres ist übertrieben und würde den Totalschaden des Litenings oder ernsthafter gesundheitlicher Schäden bedeuten. Aber was ist passiert?! Klar, ein Unfall, ein Sturz, das wird Euch klar sein, aber wie war der Ablauf? Ich bin wie geplant um 6 Uhr aufgestanden, um mit dem Litening in Richtung Hannover zu fahren. Ich wollte aber nicht in absoluter Dunkelheit beginnen und habe bis 6:59 Uhr getrödelt. Dann ging es aber los über Altenbeken, die Egge hoch bis Horn, weiter nach Blomberg, hoch und runter nach Barntrup und weiter der B1 entlang über Aerzen bis Hameln. Die Stadt hatte ich gegen ~10:30 Uhr erreicht und es wären noch 55km bis Hannover gewesen. Ich habe mich noch quer durch Hameln gequält, eine fürchterliche City für Radfahrer. Bei einer kurzen Pause am anderen Ende der Stadt habe ich beschlossen: Vergiss Hannover, du machst kehrt und fährst nach Hause. Ein Fehler, ein wahrlich großer, wäre ich mal nach H gefahren! In der Nähe vom Hauptbahnhof rolle ich über die Straße und sehe schräg über den Asphalt verlaufende Schienen. Ich dachte noch: Hoffentlich geht das gut... Ist es nicht, ich muss irgendwie in den breiten Spalt einer Schiene gekommen sein und das Cube legte sich sofort quer.
Schneller als ich denken konnte, ich kann mich auch nicht erinnern, lag ich auf der Straße und ich bin mit der rechten Seite über den Asphalt geschrubbt: Großflächige Prellungen und Abschürfungen, am Knie und an der Hüfte habe ich stärker geblutet, am rechten Daumen ist ca. 1cm Hautfläche abgehobelt worden. In so einem Moment liegt man erst benommen auf der Straße, durchatmen, vorsichtig bewegen, wo sind Schmerzen?!? Nach wenigen Sekunden war mir klar: Zum Glück keine ernsthafte Verletzung. Aufstehen, Cube vom Boden holen, abstellen und an den Rand setzen. Toll: Sofort haben 3 PKW angehalten und wollten helfen. Ich habe allen gleich gesagt: Danke!!! Soweit ok, fahren sie weiter. Hat eine Frau in unserem Alter auch gemacht, ist aber sofort umgekehrt: Ich wurde aus dem Verbandskasten versorgt und man wollte mich ins Krankenhaus fahren, zumindest zum Bahnhof. Ich habe dankend abgelehnt, wieder ein Fehler. Als ich wieder alleine war, habe ich das Cube inspiziert: Schrammen am rechten Brems/Schalthebel, unschön, aber nicht dramatisch. Hebel und Lenker wurden durch den Aufprall verzogen, das konnte ich schnell richten. Echt prima dachte ich, glimpflich abgelaufen und habe mich auf den Sattel geschwungen, um nach Hause zu fahren. Ich bin genau 11km bis kurz vor Aerzen gekommen. Beim ersten stärkeren Anstieg, an dem ich schalten musste: Das sind aber komische Geräusche von hinten, hat das Schaltwerk einen Schlag abbekommen? Schnell einmal durch die Ritzel schalten: Weiterhin komische Geräusche und auf einmal Stille... Das Schaltwerk war vom Rahmen abgebrochen, Ende der Tour...
Und das irgendwo in der Pampa: Schuhe aus, Socken aus, I'm walking (wer erinnert sich noch an diese Aral-Werbung?). Toll, nur 200m weiter eine Bushaltestelle. Noch toller, Bus kommt in 5 Minuten! Ich stehe an der Haltestelle und der Bus rauscht einfach durch. Was nun?! Optionen prüfen: Zug nach Hause, klar, wo ist der nächste Bahnhof? Upps, rund 10km. Bus hatten wir schon. Also ein Taxi rufen. Somit bin ich zu dem netten Opel-Händler am Ortseingang gegangen: Wo ruft man wegen Taxi an, Hameln? Keine Ahnung, schon lange kein Taxi gerufen, aber ich denke Hameln. OK, Taxi Easy angerufen, überaus nett, sehr hilfsbereit. Wenige Minuten später rollte ein Touran auf den Hof, ausreichend groß
. Nächstes Drama: In Hameln kann man Taxis nicht mit Visa bezahlen... Also zum Automaten am Bahnhof von Hameln, 1. Versuch: Ihre Karte ist nicht berechtigt. 2. Versuch: Ich habe 50€ bekommen... Nächstes Fiasko: Automaten der Deutschen Bahn und ich. Ich(!) musste eine alte Dame um Hilfe bitten. Im Zug: Alle total besorgt um mich, Schaffnerin "Brauchen sie Pflaster?", nein, aber Tempos wären schön. Habe ich von einem Fahrgast bekommen. Wieder Schaffnerin, als ich versucht habe irgendwie das abgebrochene Schaltwerk zu fixieren: Ich habe Einweghandschuhe, Moment. Ich: Toll! Hat aber nicht super geklappt, das Schaltwerk schleifte weiterhin auf dem Boden. Eine Passagierin: Würde diese Maske helfen? Ich: Klar, wenn sie die nicht mehr brauchen... Hat super geklappt mit der Maske, wofür die alles gut sind. Ende des Dramas: Ankunft in Paderborn um 14:46 Uhr und barfuß einmal quer durch die Stadt mit einem Rennrad an der Hand.
Letzte Aktionen vor dem Sofaschlaf: Ausziehen, Wunden reinigen, Pflaster, Rücken sowie Hüften inspizieren (sieht nicht toll aus), noch einen Blick auf das Cube, Pizza essen. Jetzt sitze ich hier, die Schmerzen gehen, aber ich habe Kopfschmerzen: Gehirnerschütterung? Morgen abwarten. Am Dienstag werde ich das Cube in die Werkstatt bringen, hoffentlich wird es nicht zu teuer
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Ralf
PS: Ziel Hannover war wegen Geburtstag von Sohn Nr. 2. Hat weniger geklappt, aber dennoch auch an dieser Stelle wie immer: Herzliche Glückwünsche!